Quellen
der Lebenskunst
Gross
ist,
wer das furchtbare überwindet,
Erhaben ist,
wer es, auch selbst unterliegend,
nicht fürchtet.
Gross kann man sich im Glück,
Erhaben nur im Unglück zeigen.
Sich
selbst und die lieben Mitmenschen
nicht gar so ernst nehmen,
lässt uns in vielen Fällen den lächerlichen
Kleinkram,
den wir Sorge nennen,
erträglich erscheinen!
Ist es wirklich so wichtig,
das bisschen Leben?
Wähnen,
glauben, fürchten, lieben
Sich erfreuen und betrüben,
Bald sich wagen, bald besinnen,
Oft verlieren, oft gewinnen;
Auf der Bahn, wie sie gegeben,
Dornig, rosig, holprig, eben,
Zwischen Furcht und Hoffnung schweben,
Traum und Wirklichkeit verweben,
Doch wo möglich vorwärts streben,
Das ist eben Menschenleben!
Sieh,
das ist Lebenskunst:
Vom schweren Wahn des Lebens sich
befrein,
fein hinzulächeln übers große Muß.
Wie lächerlich
und weltfremd ist der,
der sich über irgend etwas wundert
was im Leben vorkommt.
Wie glücklich
würde mancher leben,
wenn er sich um anderer Leute Sachen
so wenig bekümmerte
als um seine eigenen.
Wird´s
besser?
Wird´s schlimmer?
Fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer lebensgefährlich,
Ach,
wer versteht sein eigen Herz!
Ein Rätsel ist dir´s in die Brust
geschaffen,
Heute schwer wie ein Berg von Erz,
Will es dich in die Tiefe raffen,
Morgen aller Schwere entbunden,
Jauchzend lodert es wolkenwärts,
Und dann in gleichgemessenen Stunden
Gelassen trägt es Lust und Schmerz.
Ach, wer beherrscht sein eigen Herz!
Klage
nicht so sehr
Über einen kleinen Schmerz;
Das Schicksal könnte ihn
Durch einen größeren heilen!
Glück
ist wie ein Sonnenblick,
Niemand kann´s erjagen,
Niemand von sich sagen,
Daß er heut und eine Frist
Ohne Wunsch und glücklich ist.
Ist wie ein Sonnenblick,
Erst wann es vergangen,
Erst im Leid und Bangen
Denkt ein Herz und fühlt es klar,
Daß es einmal glücklich war.
Erscheint
dir etwas unerhört,
Bist du tiefsten Herzens empört,
Bäume nicht auf,
Versuch´s nicht im Streit,
Berühr es nicht,
Überlass es der Zeit.
Am ersten Tag
Wirst du feige dich schelten,
Am zweiten
Lässt du dein Schweigen schon gelten,
Am dritten
Hast du´s überwunden:
Alles ist wichtig nur auf Stunden.
Ärger ist Zehrer
Und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam
Und Friedensstifter.
Das Glück,
das glatt und schlüpfrig rollt,
Tauscht in Sekunden seine Pfade,
Ist heute mir, dir morgen hold
Und treibt die Narren rund im Rade.
Laß fliehn, was sich nicht halten läßt,
Den leichten Schmetterling laß
schweben,
Und halte nur dich selber fest:
Du hälst das Schicksal und das Leben.